Energiediskurs 2025 in der Villa Gary: Wie realistisch ist das Net – Zero – Ziel für 2045“
Zielsetzungen und Kompromisse im Koalitionsvertrag
Die Stimmen, die das Erreichen des Net-Zero-Ziels für 2045 für unrealistisch halten, sind zahlreich. Erinnert sei an eine Ende 2024 vom VKU gemeinsam mit dem DIHK veröffentlichte Studie, in der diese Erkenntnis öffentlich gemacht wurde. Vor diesem Hintergrund wurde im Rahmen des Formates „Energiediskurs 2025 in der Villa Gary“ darüber diskutiert, welche Weichenstellungen im Koalitionsvertrag vorgenommen wurden und was die Festlegungen im Koalitionsvertrag mit Blick auf die Entwicklung der Wirtschaft, der Energiewirtschaft
Dr. Kai – Roger Lobo, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) führte aus, dass es angesichts der jährlich erforderlichen 30 Mrd. € an Subventionen für Strompreiskompensationen, reduzierte Netzentgelte, etc. ein Projektneustart der Energiewende erforderlich sei. Dazu habe der VKU-Vorschläge erarbeitet. Darunter verstehe der VKU eine Neuorganisation der EEG-Vergütung und die netzdienliche Ansiedlung der EE – Anlagen, das Thema Versorgungssicherheit und Kapazitätsmarkt nur europaweit zu denken und die im Raum stehende Vorgabe des Zubaus von 70GW Offshore Anlagen zu hinterfragen. Vorhandene volkswirtschaftliche Assets wie die Gasnetze sollten erhalten bleiben. Mit Blick auf den Wasserstoffhochlauf forderte er neuen Pragmatismus und zeigte sich offen für „roten Wasserstoff“. Der VKU begrüße ferner den geplanten Erhalt einer einheitlichen Strompreiszone
Dr. Andreas Lenz, MdB. CDU/CSU, verhandelte in der AG Klimaschutz und Energie im Vorfeld den Koalitionsvertrag und bewertete das Ergebnis als zielführend. Nun komme es darauf an, die Vorhaben in der kommenden Legislaturperiode mit konkreten Maßnahmen zu unterlegen und umzusetzen. Die geplanten neuen Gaskraftwerke sollen die Versorgungssicherheit gewährleisten. Deshalb sei Tempo geboten. Es solle zunächst schnelle Ausschreibungen für konventionelle Gaskraftwerk und perspektivisch einen Mechanismus – etwa einen Kapazitätsmarkt – für zusätzliche Kapazitäten geben. Dabei sollte die CCS-Option für Gaskraftwerke nicht ausgeschlossen werden. Bezüglich des Themas „C02 – Reduktionsvorgaben für Gebäude“ plädierte er dafür, realistisch zu bleiben. Nicht jedes Ziel sei zu jedem Zeitpunkt erreichbar – insbesondere nicht unter aktuellen Rahmenbedingungen. Deshalb solle das Machbare getan und falsche Versprechungen bzw. überzogene Vorgaben vermieden werden. Herr Lenz betonte die Wichtigkeit der Koordination des Zubaus von Erneuerbaren Anlagen und einen Realitätscheck bezüglich der Ausbauziele für die einzelnen Erneuerbaren. Er wünschte sich eine stärkere Betonung der Bedeutung der Energieversorgung für den Wirtschaftsstandort. Bezahlbarkeit und Versorgungssicherheit müssen zentrale Leitplanken sein.
Zusammenfassung der anschließenden Diskussion: Alle Beteiligten stimmten darin überein, dass es zu nichts geführt hätte, im Rahmen der Koalitionsverhandlungen das Klimaschutzziel „Net-Zero für 2045“ zur Diskussion zu stellen. Richtig sei es aber zu erkennen, dass die Erreichung dieses Ziels enorme Anstrengungen, Zeit, Pragmatismus und Prioritätensetzung erfordere. Man müsse sich darauf einstellen, dass das Ziel wahrscheinlich nicht erreicht würde. Die beabsichtige Festlegung eines neuen Zwischenziels für 2040 auf EU-Ebene dürfe nur auf Basis realistischer Umsetzungspfade vorgenommen werden. Auch stimmten alle Beteiligten darin überein, dass die neue Bundesregierung sich für ein starkes Europäisches Regelwerk bezüglich energiepolitischer Themen einsetzen und auf den Interessensausgleich zwischen den Mitgliedsstaaten achten solle. Die Idee der „all Electric World“ wurde allseits als passé bewertet. Unterschiedliche Meinungen gab es mit Blick auf die Frage, ob es eine generelle Korrektur der Energiepolitik der Ampel geben solle. Daran änderte auch die Sorge nichts, dass es zur Fehlallokation volkswirtschaftlicher Mittel und zur Abwanderung von für die Volkswirtschaft wichtigen Industriezweigen kommen könnte. Als Beispiel für eine solche Fehlallokation wurde auf zukünftig unterbleibende Investitionen z.B. in Raffinerien infolge der absoluten C02 Emissionsvorgaben bis 2045 und folglich fehlende Mineralölprodukte verwiesen. Die daraus resultierende Frage, welchen Grad an Resilienz wir als Volkswirtschaft zukünftig anstreben, blieb ebenso unbeantwortet wie die Frage, inwiefern ein absolutes Klimaschutzziel mit der Demokratie an sich vereinbar sei. Wir danken den beiden Sprechern des Workshops, Dr. Andreas Lenz und Dr. Kai Roger Lobo, vielmals für ihre Vorträge und die Beiträge zur Diskussion. Die Präsentationen werden in Kürze auf der Website (Presse/Publikationen) zum Download zur Verfügung stehen